Paris ist schön...
- eine Liebeserklärung von Kurt Flock


 My pictures - Paris in June 2001

                                                                                            

Du bist in die Stadt gekommen und hast dich treiben lassen.  Anfangs hattest du noch Pläne, doch dann ist das Meer von Menschen über dir zusammengeschlagen, all die Japaner, Afrikaner, Franzosen, Engländer, Schweden, Amerikaner, Brasilianer, Australier, Deutsche, und so bist du ihnen gefolgt, ein neugieriger Tropfen in einem vielversprechenden Ozean.
 

                                                                                                

Du hast sie alle beobachtet: die zarten Mädchen, die nur so tun, als wären sie scheu, mit ihren verwegenen Jungs, die nervös herumhampeln, weil viel zu tun ist - aber was?  Die alten Männer und Frauen mit ihren Cordjacken und staubigen Frisuren auf dem Weg in fast vergessene Kneipen; die Geschäftsleute, die gehetzt in ihre Handys bellen, während sie rätseln, wo sie sind - oder wer?  Die unzähligen Hippies, Skater, Freaks, Rastafaris, Punks, Maler, Models, Dj’s, Comiczeichner, Tänzer, Dichter, Computer-Nerds und Lebenskünstler, die die Stadt füllen, als wäre sie eine einzige knallbunte Illustrierte; und natürlich die vielen ganz normalen Irren, die überall auf dich lauern, mit ihren irren Geschichten, irren Ideen und irren Einladungen zu irren Abenden.

                                                                                                

Sie waren neben dir, während du durch die schmalen, zugeparkten Straßen in den stillen Wohnvierteln geschlendert bist oder durch Alleen, von prächtigen Bäumen und Häusern gesäumt, entlang an den stinkenden Durchgangsstraßen oder durch schmale Gassen, wo du zwischen uralten Häusern den Kopf eingezogen hast.

                                                                                            

Du warst auf dem Flohmarkt in Clignancourt, hast die Hütchenspieler beobachtet, die besser sind als jedes Straßentheater, und die singende Kellnerin im "Chez Louisette" gehört.  Du bist durch das Marais flaniert, hast im "Cafe des Psaumes" die beste Falafel der Stadt gegessen und Jo Goldenberg, das großartige jüdische Delikatessengeschäft, besucht.  Du hast dich im Barbes durch die afrikanische Gemeinde gedrängelt, die dort scheinbar auf dem Bürgersteig lebt, bist im Quartier Mouffetard durch die filmkulissenreifen Sträßchen mit ihren pittoresken Kneipen und Restaurants spaziert, bist in der neuen fahrerlosen Meteor-U-Bahn wie im Magen eines Elektrowurms in die Zukunft gerast und hast dich in der Mosque bei süßem Tee und noch süßerem Gebäck von dem in der Sonne blitzenden Marmor und den Freuden des Orients blenden lassen.

                                                                                            

Du fandst den Eiffelturm zu klein, (von oben war er doch ziemlich hoch), den Louvre langweilig (trotzdem hast du dich verlaufen), Notre Dame zu voll (aber schön) und den Triumphbogen blöd.  Du bist über die Champs-Elysses gelaufen und durch die Parks, die hinter jeder zweiten Straßenecke auftauchen, hast eine lausige Band in einer hallenartigen Kneipe gesehen und einen phantastischen Saxophonisten in einer miesen Pinte, du hast bei einem kleinen, schmierigen Chinesen eine kleine, schmierige Mahlzeit gegessen (wohl doch nicht der coole Geheimtip), hast in drei Kneipen drei Sorten Bier probiert (eins war gut, aber welches?) und schließlich in einem voll verspiegelten Club dein letztes Bargeld für eine fingerhutgroße Caipirinha ausgegeben (aber die Musik war spitze).

                                                                                             

Und nun ist es Nacht, und du sitzt auf dem Pont Neuf, die Luft ist angenehm kühl, der Asphalt hat endlich die Hitze der Stadt verdampft und wartet erschöpft auf den heißen Sturm des nächsten Tages, die Seine unter dir fließt kühl und desinteressiert an ihren leeren Ufern entlang, die Bäume werden von leichten Träumen geschüttelt, und selbst die wackersten Häuser haben ihre Fensterläden zugeklappt und sich zu einem Nickerchen zurückgezogen. Nichts ist zu hören außer einem fernen Summen, dem Atem einer schlafenden Stadt.  Paris ist schön...